Der Künstler Ludwig Schönherr, auch bekannt als Peter Schönherr und Ludwig Winterhalter, wurde als Günther Helmut Peter Schönherr am 30. Mai 1935 in Nordhausen, Thüringen, geboren. Er starb am 30. September 2016 in Berlin. Nach verschiedenen Berufserfahrungen in seinen Teenager- und frühen Zwanzigerjahren – unter anderem auf dem Bau, in der Druckerei und als Assistent in Theater und Oper – widmete sich Schönherr in den späten 1950er und frühen '60er Jahren dem Schreiben. Er schrieb Artikel für Theaterprogramme, arbeitete an einem Roman und verfasste zahlreiche Theaterstücke und drei Ballette, darunter PARKPLATZSORGEN und UTOPIAVILLE. Schönherr begann auch, sich ernsthaft mit dem Medium der Fotografie zu beschäftigen. 1963 heiratete er in Köln die Tänzerin Beatrice Cordua. Nach dem Umzug des Paares nach Frankfurt im Jahr 1966 begann Schönherr, sich dem Super-8-Filmemachen zu widmen. Seine frühen Filmprojekte sind in Serien organisiert, die sich auf Objekte, Gesichter und Zooms konzentrieren.
1967 kaufte er seinen ersten Schwarz-Weiß-Fernseher, der ihn zu einer verstärkten intellektuellen und künstlerischen Beschäftigung mit Fernsehbildern inspirierte. In den nächsten Jahren entstanden Dutzende von Ein- und Mehrbild-Super-8-Stummfilmen von Fernsehbildern, die von Farbblitzen unterbrochen wurden und die er „Electronikfilme” oder „TV Art” nannte. In den frühen 1970er Jahren begann Schönherr auch mit der Arbeit an Fotoprojekten mit Bildern, die vom Fernsehen aufgenommen wurden. In begleitenden schriftlichen Texten und Notizen theoretisierte er einige seiner Arbeiten als „Strukturelle Fotografie“ und „Absolute Fotografie“ und betrachtete den sorgfältig strukturierten Kontaktbogen als sein Endprodukt. Der Höhepunkt seiner künstlerischen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem Fernsehen ist sicherlich das mehrteilige Projekt BILDERINFLATION, 1977-78, das u.a. eine einjährige Arbeit beinhaltet, in der Schönherr jeden Tag eine Filmrolle mit Fernsehbildern nach einer sorgfältig konzipierten Partitur abfilmte. Das Ergebnis sind 365 strukturierte und vergrößerte Kontaktbögen, die versuchen, der Bilderflut des Alltags eine Ordnung und Form zu verleihen.
1978 änderte Schönherr rechtlich seinen Namen in Ludwig Winterhalter, um Verwechslungen mit seinem Bruder, dem in Zürich lebenden Experimentalfilmer Klaus Schönherr, zu vermeiden. Er nahm seine Arbeit jedoch bald wieder auf, allerdings wieder mit dem Nachnamen Schönherr. Während der gesamten 1980er Jahre litt er unter verschiedenen Krankheiten, die ihn an der Realisierung seiner künstlerischen Projekte hinderten. In einem Zeitraum von fünf Jahren Mitte der 1980er Jahre stellte er DAS UNBEKANNTE HAMBURG fertig, seinen einzigen kulturgeförderten Film und seine einzige Arbeit auf 16mm. Nach vorübergehenden Aufenthalten in Berlin, Köln, Frankfurt und Hamburg ließ sich Schönherr 1994 dauerhaft in Berlin nieder. In den 1990er und 2000er Jahren wandte er sich der Computer-Bearbeitungssoftware zu, um neue digitale Bilder zu schaffen und seine früheren Fotografien neu zu gestalten.
Zeit seines Lebens hielt sich Schönherr mit der Präsentation seiner Arbeiten in der Öffentlichkeit zurück. Abgesehen von einer zufälligen Einzelvorführung oder der seltenen Teilnahme an einer Ausstellung, zeigte er bis in sein letztes Lebensjahrzehnt keine seiner Arbeiten in Film, Fotografie, Zeichnung und Installation. Trotz seiner Unbekanntheit war Schönherr am Rande der pulsierenden, aufkeimenden europäischen Avantgarde-Filmszene der späten 1960er und frühen 70er Jahre aktiv. Im Jahr 1970 dokumentierte er zwei Otto-Mühl-Aktionen. Er pflegte eine enge Beziehung zu dem Künstler Dieter Roth, mit dem er bei Filmen und Fotoprojekten zusammenarbeitete. 1983 entstand eine Fotoserie mit Jack Smith während dessen Aufenthalt in Hamburg für ein Performance-Festival.
Neben diesen Künstlern sind in seinen Filmen und Fotoprojekten auch Anna Opperman, Kurt Kren, Dieter Meier und Nam June Paik zu sehen. In Birgit Heins bahnbrechendem Buch FILM IM UNDERGROUND von 1971 sowie in Stephen Dwoskins Buch über das internationale Avantgardekino FILM IS von 1975 findet seine Arbeit (unter dem Namen Peter Schönherr) eine kurze Erwähnung.
Eine Auswahl von Schönherrs Filmen ist über das Arsenal Institut für Film und Videokunst in Berlin auszuleihen