Filmvorführung und Installation kuratiert von Marc Siegel für das Experimenta Festival of Moving Image Art im Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan, Bangalore, Indien.
Der deutsche Künstler Ludwig Schönherr hat von den 1960er bis in die späten 1980er Jahre ein filmisches und fotografisches Werk geschaffen, das nie der Öffentlichkeit präsentiert wurde, bis ich 2009 eine Reihe von Filmprogrammen und eine Ausstellung für die Sektion Forum Expanded der Berliner Filmfestspiele kuratierte. Die Besonderheit von Schönherrs Werk liegt aber nicht nur in seinem plötzlichen, späten Auftauchen in der Öffentlichkeit. Das Werk des scheuen, zurückhaltenden Künstlers setzt sich mit den vorherrschenden künstlerischen Strömungen seiner Zeit auseinander und bleibt doch an der Peripherie. Diese ästhetische Position „am Rande“ spiegelt Schönherrs flüchtige persönliche und Arbeitsbeziehungen zu einer Reihe von bedeutenden Figuren der europäischen und amerikanischen Avantgarde der 1960er und 70er Jahre wider, darunter Otto Mühl, Jack Smith, Dieter Roth und Nam June Paik. Dieses Programm gibt einen Überblick über einige von Schönherrs markantesten Filmen. In seinem gesamten Werk konzentrierte er sich auf bestimmte technische, formale und darstellerische Aspekte des Mediums, nämlich die Zoom- und Einzelbildtechnik, sowie die Verwendung von flimmernder Farbe und die Darstellung des Gesichts. (Marc Siegel)
Filmprogramm:
ZOOM DOKUMENTATION, BRD, 1968, Super 8, 19’
Der Film dokumentiert eine Versuchsreihe Schönherrs zu den Wahrnehmungseffekten von Variationen mit Zoomtechnik.
FACE 1 & 2, BRD, 1968, Super 8, 9’
Einer der vielen Porträtfilme des Regisseurs, der in Einzel- und Mehrbildtechnik das Gesicht seiner Frau, der Primaballerina Beatrice Cordua, vervielfältigt.
NEW YORK. EIN VISUELLES ARBEITSTAGEBUCH, 1976-1979, Super 8, 107 Stunden (7’ Ausschnitt)
Während einer Reihe von Aufenthalten in New York City Mitte der 1970er Jahre drehte Schönherr ein hundertstündiges (!) visuelles Tagebuch, in dem er Eindrücke der Stadt mit aus dem Fernsehen gefilmten Bildern konfrontiert. Tatsächlich konzentrierte sich ein Großteil von Schönherrs künstlerischer und theoretischer Arbeit auf die Rolle von Fernsehbildern und dem Fernsehen im Alltag. Seine Serie von etwa fünfundzwanzig selbstbetitelten „Elektronik Filmen“ oder „TV Art“ sind Einzel- und Mehrbildfilme von Fernsehbildern, unterbrochen von flimmernden Farben.
ELEKTRONIK NR. 18 (SERIE ROT), BRD, 1968, Super 8, stumm, 28’ (5’ Ausschnitt)
Ein sorgfältig strukturierter Film, der zwei Bilder aus dem Fernsehen mit zwei leuchtenden Bildern der Farbe Rot abwechselnd zeigt. Schönherrs Faszination für die Populärkultur und seine ästhetische Vorliebe für leuchtende Farben und glatte Oberflächen verleihen seinem Werk eine Pop-Art-Qualität, die den Einfluss Andy Warhols auf den Künstler zur Geltung bringt.
FILM NR. 57A (ANDY WARHOL KATALOGFILM), BRD, 1968, Super 8, stumm, 23’
In einer weiteren Auseinandersetzung des Regisseurs mit der Einzel- und Mehrbildtechnik richtet er seine Kamera diesmal auf die Seiten des bahnbrechenden Katalogs der ersten europäischen Ausstellung Warhols von 1968. Schönherr wechselt zwischen Katalogbildern und selbstgewählten warholschen Motiven (von Bananenpornografie bis zu Suppendosenetiketten) in einem hypnotisierenden Experiment mit visueller Wahrnehmung.
Installation:
SONATE FÜR 4 MONITORE, 1968-1971
Diese Vierkanal-Videoinstallation wurde vom Künstler Ludwig Schönherr 1970 konzipiert, aber erst 2013 realisiert. Die Arbeit besteht aus vier von Schönherrs „Elektronik Filmen“, Super-8-Filmen von Fernsehbildern, die in Einzel- und Mehrbildtechnik aufgenommen wurden und mit brillanten monochromen Farbbildern unterbrochen sind. Während drei der Filme durch den Wechsel zwischen den Fernsehbildern und einer einzigen Farbe (rot, weiß oder gelb) sorgfältig strukturiert sind, ist der vierte Film durch die Unterbrechung verschiedener Farben frei strukturiert. Die flackernden Farben erzeugte Schönherr durch das Abfilmen farbiger Glühbirnen